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Botanischer Garten: Spatenstich, 2022 sollen die neuen Gewächshäuser fertig sein
Bild: Perspektive auf die neuen Schaugewächshäuser vom Flora Weiher aus
Mit dem symbolischen ersten Spatenstich haben Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Vorsitzende des Freundeskreises Botanischer Garten e.V., Jürgen Roters, am heutigen Freitag, 30 November 2018, den offiziellen Baubeginn für die neuen Schaugewächshäuser im Botanischen Garten eingeleitet. Mit dem nun beginnenden Rohbau werden die neuen Schaugewächshäuser nach eingehender Planung nun auch dreidimensional sichtbar.
In der ersten Dezemberwoche wird die Baustelle eingerichtet. Der eigentliche Aufbau der Stahl- und Glaskonstruktion startet dann im neuen Jahr, der Innenausbau beginnt im Jahr 2020. Die Innen- und die Außenlandschaft werden 2021 in Angriff genommen. 2022 soll die Anlage nach baulicher Fertigstellung an den Botanischen Garten übergeben werden.
Oberbürgermeisterin Reker stimmte die Gäste in ihrer Begrüßungsrede auf die neue Attraktion im Botanischen Garten ein: „Nun geht der Neubau der Schaugewächshäuser in die nächste Runde. Was uns alle heute eint, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Vorfreude. Denn schon mit den Vorgängerbauten wurde mehr als nur eine ‚Oase im Alltag‘ geschaffen. So gilt auch künftig, mit den hier entstehenden ‚Lernlandschaften‘ den kleinen und großen Besuchern die Vielfalt der Natur näher zu bringen und sie auf die Bedeutung einer intakten Pflanzen- und Artenvielfalt, intakte Biotope und nachhaltiges Wirtschaften hinzuweisen.“
Die neue Anlage
Die neuen Schaugewächshäuser entstehen im Botanischen Garten an gleicher Stelle wie die vorherige Anlage und bei nahezu identischer Grundfläche, sie sind jedoch fast doppelt so hoch. Die Gewächshäuser werden aus einem großem und einem kleinen Tropenhaus, einem Wüstenhaus samt tropischem Baumkronenweg sowie einem Wüstencanyon bestehen. Die Orangerie im Verbindungsgang zum bestehenden Subtropenhaus wird in den Rundgang integriert und bietet Platz für weitere Wechselausstellungen. Hier wird die bereits international prämierte Kamelien-Ausstellung erweitert.
Realisiert wird ein Entwurf des Kölner Planungsbüros Königs Architekten. Das Büro hat rund um den denkmalgeschützten „Tropischen Hof“ und das Naturdenkmal „Libanonzeder“ eine dreiflügelige Anlage samt Erlebnisrundweg ansteigend bis auf eine Höhe von 5,50 Metern in das Blätterdach sowie eine bogenförmige Dachform geplant.
Maßgeblich für den Zeitpunkt des Wiedereinzugs der Pflanzen sind die Jahreszeiten. Die tropischen Gewächse können nur im Sommerhalbjahr von Mai bis September wieder zurück transportiert werden, die Wüstenpflanzen nur von April bis Oktober. Dann benötigen die Pflanzen eine mehrmonatige Anwachsphase. Parallel wird der Botanische Garten das neue didaktische Konzept für den Rundgang mit entsprechenden Elementen einrichten. Die Eröffnung der neuen Schaugewächshäuser ist für das Jahr 2023 vorgesehen.
Für Planung und Bau sind rund 11,4 Millionen Euro vorgesehen. Unterstützt wird das Vorhaben durch den Freundeskreis Botanischer Garten e.V.: Mit 380.000 Euro hat sich der Verein an den Planungskosten beteiligt und möchte auch die Anschaffung von Pflanzen, die bislang in Köln noch nicht zu sehen waren, und Ausstattungselementen unterstützen.
Bauherrin für das Großprojekt ist die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln, die den Neubau im Auftrag des Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen bei laufendem Betrieb realisiert.
Historie und Zukunft
Die Flora mit dem sanierten Festhaus aus dem Jahr 1864 und der Botanische Garten von 1914 sind seit 1920 vereint. Die Tropenhäuser und ein Wüstenhaus wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er Jahren in damals moderner Form wieder aufgebaut. Jedoch haben die neuen Schaugewächshäuser, die nun entstehen, nicht mehr viel mit ihren Vorgängerbauten gemein.
Waren die allerersten historischen Pflanzenhäuser im 19. Jahrhundert meist dem Zutritt der „besseren Gesellschaft“ vorbehalten, so wird die neue Anlage wie schon die bisherigen Häuser Erholung, Erlebnis und Bildung für alle Kölnerinnen und Kölner bieten. Mit Faktenwissen, das bei der Bewältigung aktueller und kommender Herausforderungen – Stichworte: Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaften – besonders wichtig ist.
90 Prozent der Pflanzenvielfalt wächst in den Tropen und Subtropen. Sehr viele alltäglich genutzte Produkte stammen aus tropischen Pflanzen und Plantagen, von Früchten über Palmöl bis zu Pflanzen für medizinische Zwecke. Zu ihrer nachhaltigen Produktion kann jeder beim Einkauf beitragen. Dazu bedarf es allerdings eines „Globalen Lernens“ für Alle, das der Botanische Garten mit seinem neuen pädagogischen Konzept seinen rund 1,5 Millionen Besucherinnen und Besuchern (bisherige Zahlen) in dem Neubau näher bringen möchte. In der „Grünen Schule Flora“ gewinnen Gäste und Schüler künftig sinnliche Eindrücke und praktische Einblicke in tropische Lebenswelten und gemeinsame Klimaziele. Hier kooperiert der Botanische Garten mit Kölns Klimapartnerstadt Yarinacocha in Peru.
Im neuen 16 Meter hohen Tropengewächshaus sollen die Gäste dann in – im wahrsten Sinne des Wortes – „Lernlandschaften“ eintauchen, ökologische Zusammenhänge, biologische Kooperationen und den Wert vielfältiger Lebensformen erleben und verstehen.
Der gesamte Rundgang mit allen Lernstationen wird komplett barrierefrei sein, ebenso wie dies bei Generalsanierung und Erweiterung des Flora-Festhauses in 2014 realisiert wurde. Für den Umbau des Festhauses hatte die Stadt Köln in diesem Jahr durch den „Sozialverband VdK NRW“ den Preis „Unser Dank dem Bauherren“ für vorbildlich barrierefreies Bauen erhalten.
Bauliche Besonderheiten
Baufachlich ist das Vorhaben hochkomplex. Das Schaugewächshausensemble bekommt eine Stahl- und Glaskonstruktion in parabelförmigen Bögen. Speziell sind vor allem die Isolierverglasung mit Verbundsicherheitsglas, die integrierte UV-transparente Folie, der stützenfreie Innenraum sowie die geringen Stahlquerschnitte.
Eine weitere technische Besonderheit ist „eine intelligente Mess- und Regelanlage zur Steuerung der sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Klimabedingungen“. Diese liegen in dem Nutzpflanzen- und Tropenhaus bei etwa 20 bis 25 Grad Celsius und 80 Prozent Luftfeuchte sowie im Wüstenhaus bei mindestens 12 Grad Celsius sowie 20 bis 50 Prozent Luftfeuchte. Erzeugt wird dieses Klima mittels einer Heizungsanlage (CO2-neutrale Fernwärme) sowie Lüftungsklappen, die sowohl auf dem Dachfirst als auch auf der seitlichen Glaskonstruktion verteilt werden. Hinzu kommt eine Hochdruck-Befeuchtungsanlage, die für Verdunstungskälte sorgt, wie sie in den Tropen üblich ist.
Bevor nun mit dem eigentlichen Bau begonnen wird, mussten in den vergangenen Monaten rund 2.000 Quadratmeter Glasflächen, 40 Tonnen Stahlkonstruktion, 1.040 Quadratmeter massive Wandflächen, eine 42 Kubikmeter große, unterirdische Betonzisterne sowie die alte Gebäudetechnik deinstalliert werden. Vor dem Abbruch wurden die Pflanzen ausgelagert, die Betriebsgarage und eine Wasseraufbereitungsanlage mussten an anderer Stelle neugebaut werden.
In den alten Schaugewächshäusern waren rund 5.000 Pflanzenarten ausgepflanzt, die größtenteils vom Botanischen Garten entnommen und zu drei Ersatzquartieren abtransportiert und untergebracht werden mussten. Darunter sind bis zu sechs Meter hohe Großpflanzen sowie viele seltene und damit sehr wertvolle Arten, wie große und seltene Aloen, Kakteen, weitere Wasser speichernde Sukkulenten, Orchideen und Palmen, die zum Teil in ihrem natürlichen Bestand teils hochgradig gefährdet sind.
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